Die Burgruine Neunußberg liegt, 710 m über NN, östlich von Viechtach an strategisch günstiger Stelle auf einer hohen Bergkuppe über dem Tal des Schwarzen Regens. Von der einst mächtigen Anlage, die von Konrad dem Nußberger zwischen 1340 und 1350 erbaut wurde, sind der quadratische Wohnturm bis zum 4. Geschoss erhalten, Teile der Ringmauern, ein halbrunder Schalenturm sowie der Burgbrunnen.
Der Burgturm ist ganzjährig zu besteigen1 (außer bei Schnee und Eis) und eröffnet ein weites Panorama von Höhenzügen und Berggipfeln des Bayerischen Waldes und gibt den Blick frei auf Viechtach, die gegenüber liegende Kollnburg und Altnußberg.
Zu besichtigen ist auch die Burgkapelle St. Michael, die 1353 von Konrads Sohn Hanns dem Nußberger erbaut wurde.
Die Burgruine Neunußberg befindet sich seit 1889 im Besitz der Sektion Viechtach des Bayerischen Wald-Vereins , die mit großem Aufwand für den Erhalt der Anlage sorgt.
1 Die Besteigung und Besichtigung erfolgt auf eigene Gefahr, Eltern haften für ihre Kinder.
Mehr Informationen zur Geschichte der Burg und zum Geschlecht der Nußberger finden sie hier:
Die Nußberger, ursprünglich Ministerialen des einflussreichen Hochadelsgeschlechts der Grafen von Bogen, waren eines der bedeutendsten und wohlhabendsten Rittergeschlechter des Bayerischen Waldes. Nach dem Tod des "letzten Bogeners", Albert IV., im Jahr 1242 dienten sie den nachfolgenden Wittelsbacher Herzögen.
In den Jahren 1340 bis 1350 erbaute Konrad der Nußberger die Burg Neunussberg und trennte sich vom bisherigen Stammsitz der Nußberger in Altnußberg (Verkauf an die Degenberger 1345) auf der anderen Seite des Schwarzen Regens. Die Bezeichnung Altnußberg tritt übrigens erst nach der Erbauung der Veste Neunußberg auf. Konrad nannte sich fortan Konrad der Nußberger von Neuennußberg. Neben Neunußberg als neuem Zentrum besaßen die Nußberger im 14. Jahrhundert auch Neueglofsheim, Steinburg und Offenberg und erwarben die Kollnburg (1353). Allein im Gericht Viechtach und rund um Neunußberg gehörten ihnen 150 Güter und etwa 400 Tagwerk Grund.
Konrad der Nußberger war nicht nur Burgherr sondern auch Wohltäter. 1350 stiftete er das Spital in Viechtach, in dem Kranke und Schwangere betreut wurden (ursprünglich v.a. für "minderbemittelte Wöchnerinnen"). Zur Sicherung des Unterhalts des Spitals und angebauten Hl. Geist-Kirchleins belehnte er 14 1/2 Höfe, die dem Spital abgabenpflichtig waren.
Konrad der Nussberger reiht sich damit ein in die vielen Spitalstiftungen Adeliger in Mittelalter und Renaissance. Ganz im Sinne der Verständnisses seiner Zeit und wie bei vielen ähnliche Spital-Stiftungen europaweit, hatten die Schwestern auch den Auftrag, für das Seelenheil des Stifters zu beten, im Fall des Spitals Viechtach "72 Paternoster täglich". Er verstarb 1351.
Ebenso im Jahr 1350 verordnete Konrad der Nußberger den Bau der Burgkapelle ("eine Capellen zu mauren zu Neu Nußperch"), für die er ebenso Güter stiftete. Ausgeführt wurde der Bau erst 1353 unter seinen Söhnen.
Die Nußberger hatten für ihre Besitzungen die Hofmarksgerichtbarkeit, die Konrad der Nußberger von Herzog Otto III (Ottonische Handfeste 1311) erworben hatte. Seinen Söhnen Albrecht und Hanns übertrug der Wittelsbacher Herzog Albrecht I. 1360 das Marschallamt in Niederbayern mit allen Ehren und Einkünften als erbliches Lehen. Die niederbayerischen Herzöge waren den Nußbergern zeitweise auch verschuldet.
Der Niedergang der Nußberger setzte gut 100 Jahre später ein, in Folge der Mitwirkung Hanns des Nußbergers zu Kollnburg beim Aufstand gegen Herzog Albrecht IV. Nach dem Tod Albrechts III. (Teilherzogtum Bayern-München) im Jahr 1460, regierten zunächst die älteren Söhne Johann und Sigismund gemeinsam. Als aber Johann 1463 starb, kehrte Albrecht vom Studium aus Pavia zurück nach München und trotzte seinem Bruder die Mitregierung ab. Als sich Herzog Sigismund 1465 von der Regierung zurückzog und Albrecht schließlich allein regierte, erhoben die Brüder Albrechts, Wolfgang und vor allem Christoph der Starke, Anspruch auf Mitregentschaft. Herzog Albrecht IV. lehnte diese Ansprüche ab. Daraufhin verbündete sich Christoph der Starke mit Rittern des Straubinger Landes und des Bayerischen Waldes. Diese hatten, mit verschiedenen ihre Freiheit einschränkenden Maßnahmen des Herzogs unzufrieden, 1466 den Böcklerbund (die 41 Mitglieder trugen einen Bock als Abzeichen) gegründet. 1468 kündigten Hanns von Nußberg zu Kollnburg und andere Ritter des Böcklerbundes dem Herzog Pflicht und Gerechtigkeit auf und erklärten sich zu freien Edelmännern.
Im November 1468 eröffnete Albrecht, unterstützt von Truppen Ludwigs von Landshut den Feldzug gegen die Aufständischen. Die Burgmauern konnten den Kanonen des herzoglichen Heeres, nicht standhalten. Neunußberg wurde neben Falkenfels, Linden, Weißenstein, Saldenburg und Haidstein erobert. Kollnburg und zuletzt Altnußberg gingen in Flammen auf. Die Ritter Konrad und Warmund Nußberger auf Neunußberg mussten die Teilnahme am Böcklerkrieg mit ihren Besitztümern bezahlen und diese dem Herzog gegen eine jährliche Rente und das kleine Schloss Linden überlassen. Die Burg Neunußberg wurde von den bayerischen Herzögen über ein Jahrhundert nur noch als Lehen vergeben. Mit Augustin Nußberger verstarb 1569 letzte der Nußberger Linie. Die zahlreichen Lehensträger-Familien hielten sich nicht lange und im 17. Jahrhundert wurde die Burganlage dem Verfall preis gegeben.
Am 21. Mai 1889 erwarb die Sektion Viechtach des Bayerischen Wald-Vereins die Burg.
Quellen:
Burgruine Neunußberg in Burgen in Bayern, Seite des Hauses der Bayerischen Geschichte: https://www.hdbg.eu/burgen/burgen_suche-burgen_detail.php?id=brn-0122
Werner Pohl. Die Nussberger im Viechtreich. Heimatkundliche Beiträge des Landkreises Viechtach. Heft 5. 1972.
Hans Voith von Voitenberg. Schloss und Hofmark Neunussberg. In: Verhandlungen des Historischen Verein für Niederbayern. Bd.99. Landshut 1973.
Rudof ReiserAlbrecht IV., der Weise, bayer. Herzog. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Regensburg 1983.
https://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_IV._(Bayern) am 9.8.2016.
- 811: Schenkung großer Gebiete des „Nordwaldes“ (Bayerischer Wald) durch die Karolinger zur Urbarmachung an das Kloster Metten. Vermutlich wurde dieses Vorhaben aber nicht ganz im Sinne der adeligen Landesherren durchgeführt, da kaum Erfolg.
- um 1000: Die Grenze Bayerns ist immer noch der Vorwaldkamm, der hinterste Kamm aber die von Böhmen. Im Niemandsland dazwischen siedeln Slawen, es besteht deshalb immer die Gefahr dass die slawischen Herzöge Böhmens, die Przemysliden , dieses Gebiet beschlagnahmen. Nur das Markgrafentum Cham, also die Cham- Further- Senke, ist bayerisch, ragt wie ein Keil ins slawische Land und sperrt den Zugang der Böhmen zu den Slawen im Bayerischen Wald, deshalb andauernd Kriegshändel.
- um 1050: Die Grafen von Bogen, damals heißen sie noch Grafen von Windberg, und sind ein Ableger der Babenberger, ergreifen die Initiative, beginnen mit der Besiedelung durch eigene Leute und setzen Ministeriale als Organisatoren ein, unter anderen auch die „vonTunises“(später nennen sie sich Nußberger). Die Urbevölkerung, die Slawen, werden integriert. Als erste Burg wird eine Motte in Linden gebaut. Nicht die Mönche sondern die Adeligen sind die waren „Besiedler“ unserer Heimat.
- 1086: Bestätigung der neuen Bogener Territorien durch Kaiser Heinrich IV.. Im Inve- stiturstreit mit dem Papst (Gang nach Canossa) standen die Bogener als einzige der bayerischen Grafen auf der Seite von Heinrich. Zur Belohnung erhalten sie zusätzlich, zu Lasten der Markgrafen von Cham, den „Further Winkel“ als Lehen. Sofort wird mit dem Bau der Burg Hohenbogen begonnen, da von hier beste Sicht auf die Bogener Ländereien, auch weit nach Böhmen hinein.
- ab1100: Sicherung der neuen Bogener Gebiete durch regen Burgenbau, wie etwa die Wasserburgen Arnschwang und Kötzting oder die Höhenburgen Rantsberg (Altrands- berg), Kalenberg (Kollnburg), Tunisesberg (Altnußberg) und Weißenstein. Nach und nach werden in der gesamten Grafschaft etwa 50 Burgen errichtet. Zur damaligen Zeit ent- stehen bei uns auch die größeren Ortschaften, zuerst Kötzting, dann Viechtach, Lam und Regen, zuletzt Zwiesel.
- 1126: Erste Nennung der Nußberger in einer Urkunde des Klosters Oberalteich, Markwart und Weringher von Nußperch sind Zeugen und sind im Gefolge der Grafen von Bogen.
- 1242: Die Grafen von Bogen sterben aus, der Halbbruder von Albert IV., der Wittels- bacher Graf, Herzog Otto II. ist Erbe (Ludmilla, vormals von Bogen, nach erneuter Heirat, von Wittelsbach, ist Mutter der beiden) . Die Adeligen sind jetzt Ministeriale der Wittelsbacher , diese übernehmen das Wappen der mächtigeren Bogener Grafen, den weißblauen Rautenschild und machen ihn so zum Emblem für ganz Bayern.
- 1314 wird Herzog Ludwig zum (Römisch-) Deutschen König gewählt, man nennt ihn Ludwig den Bayern. Der Wittelsbacher ist Konkurrent der Habsburger und Luxemburger, er betreibt aber geschickte Hegemonialpolitik und schafft damit die Grundlagen für die „Reichen Herzöge“ in Bayern.
- 1328: Ludwig der Bayer wird „Römischer Kaiser, deutscher Nation“.
- 1346: Karl von Luxemburg wird zum Gegenkönig gewählt.
- 1347 stirbt Ludwig der Bayer unerwartet, man befürchtet einen Krieg mit dem Luxemburger Karl, der König von Böhmen und neuer Deutscher König (Karl IV.) ist. Es werden die Landstände einberufen und am 4. November 1347 ein Entschluß verfasst, den auch die Nußberger unterzeichnen. Daraufhin betreiben die ostbayer- ischen Adeligen Abwehrmaßnahmen. Die Nußberger verpfänden Tunisesberg (Altnußberg) an die Degenberger, da diese Burg sich jetzt in deren Zuständigkeits- bereich befindet, und befassen sich allein mit dem Ausbau ihrer zweiten Burg, Nußberg (später wird aus Tunisesberg Altnußberg und aus Nußberg Neunußberg). Gleichzeitig wird die Teilung Bayerns vorbereitet.
- 1348: Die Pest wütet, vermutlich kommt deshalb bei den Luxemburgern die Durchführung eines Kriegszuges nach Bayern nicht mehr in Frage.
- 1353: Bayern wird in vier Teile geteilt, unter anderem entsteht das Teilherzogtum Straubing- Holland, es besteht aus dem „Straubinger Landl“ und den Grafschaften Hennegau, Seeland, Holland und Friesland. Residenzstädte sind Den Haag und Straubing. Die Nußberger und Kalenberger sind Dienstmannen dieser Herzöge.
- 1357: Die Nußberger erhalten das Erbmarschallamt, sie sind für die Organisation der Verteidigung, den Ausbau der Burgen, der Waffenproduktion und der Ausbild- ung der Waffenknechte verantwortlich. Viele Einflüsse in Bayern aus Holland, Burgund und Frankreich, reger kultureller Austausch. Großer wirtschaftlicher Aufschwung, auch die Hanse ist dabei von Bedeutung. Die Herzöge sind meist im Norden und setzen deshalb als Vertreter in Straubing einen „Viztum“ ein, Ein- teilung des „Straubinger Landls“ in Landgerichte (vergleichbar mit den heutigen Kreisen), auch Viechtach ist Sitz eines Landgerichts. Durch geschickte Außenpolitik, wie dem Ausgleich mit den Luxemburgern, stehen „Handel und Wandel“ in voller Blüte (Bayerweg, Viechtach ist Straßenknotenpunkt und Stapelplatz). „Hohe Zeit“ unserer Gegend. Gefolgsleute der Erbmarschalle werden aus den umliegenden Ort- schaften rekrutiert, es ist denkbar dass einige auch bis nach Holland kamen.
- 1419: Beginn der Hussitenkriege. Durch den Einsatz der ostbayerischen Adeligen können große Kriegszüge nach Bayern verhindert werden. Die Burg Neunußberg als Adelssitz des Erbmarschalls ist womöglich logistisches Zentrum der Abwehrmaß- nahmen und wurde deshalb so großzügig ausgebaut, auch Prestigebau.
- 1433: Das Herzogtum Straubing- Holland erlischt, das Herzogtum München ist Erbe.
- 1436: Die Hussitenkriege gehen zu Ende.
- 1468: Böcklerkrieg. Aufstand der ostbayerischen Adeligen gegen Herzog Albrecht IV. Die während der Hussitenkriege gewonnen Privilegien wollen sie nicht mehr zu- rückgeben. Es kommt zum Kriegszug, viele Burgen werden dabei zerstört, auch die Nußberger sind am Aufstand beteiligt, ihre Burg wird jedoch nicht belagert. Die Rebel- lion scheitert. Die Hälfte von Neunußberg muß an den Herzog abgetreten werden. Drei Jahre später Versöhnung mit dem Herzog.
- 1538: Das Geschlecht der Nußberger stirbt im Mannesstamm aus, sie dienten 16 Herzögen
- 1579: Tod der Rosina von Stauff, Tochter des letzten Nußbergers und Erbin der Burg. Schon 3o Jahre zuvor hatte sie diese verlassen und im Dorf unten ein neues Quartier bezogen („Das Schloss“), seither langsamer Verfall.
- 1607 ist die Burg im alleinigen Besitz der Wittelsbacher.
- 1632: Schwedische Truppen besetzen im Dreißigjährigen Krieg zwei Jahre lang Bayern. Die Burgen unserer Gegend dienen kleinen Kavallerieabteilungen als Unterkunft, ihre Zerstörung während dieser Zeit ist ein Mythos.
- 1704: Wittelsbach verliert im Spanischen Erbfolgekrieg gegen Habsburg. 12 Jahre lang Zwangsherrschaft in Bayern durch die Österreicher. Neunußberg dient als Kaserne für österreichische Truppen. Im Bereich des Anwesens Kilger wird ein großes Gebäude errichtet.
- 1848: Verkauf der Burg an einen Maurer, der sie als Steinbruch benützt. In kurzer Zeit verschwinden sämtliche Gebäude bis auf klägliche Reste an Grundmauern, nur der Wohnturm bleibt als letztes übrig . Das bedeutendste Bauwerk unserer Gegend ist unwiederbringlich zerstört.
- 1889: Die Waldvereinssektion Viechtach verhindert den endgültigen Abriss des Wohnturms durch Ankauf des Areals rund um den Turm, das oberste Stockwerk ist bereits beseitigt. Die große Ausdehnung der Burg ist schon damals vergessen.Quellennachweis:
- Bayerische Geschichte; Benno Hubensteiner; Stadt und Volk, Kunst und Kultur, Süddeutscher Verlag
- Großer Historischer Weltatlas; Zweiter Teil, Mittelalter Bayerischer Schulbuch-Verlag
- Atlas zur Weltgeschichte; Karten und chronologischer Abriß Deutscher Taschenbuch Verlag
- Zwei Jahrtausende Bayern in Stichworten; Rudolf Reiser; Daten, Namen, Fakten Ehrenwirth Verlag